21.06.2014   

Unsere Dorfkirche

Autor: Ortschronist Karl-Heinz Schwoch

In mehreren Abschnitten unserer Chronik ist die Kirche als Bauwerk, ihre Entstehung, Entwicklung, ihre Restaurierungen und Renovierungen umfangreich dargelegt. Wir können stolz sein, so ein religiöses Bauwerk, unsere Kirche, zu haben.
Ich will die kirchlichen Aktivitäten und ihre Bedeutung für die Gemeinde Altranft etwas näher herausstellen.
In unserer Kirche fanden und finden neben dem sonntäglichen Gottesdienst kirchliche Veranstaltungen zu den Osterfeiertagen, den Pfingstfeiertagen, zum Totensonntag, zu den Weihnachtsfeiertagen statt.
In den letzten Jahren ist es gelungen, das Erntedankfest im Zusammenwirken mit der Kirche, dem Museum, dem Traditionsverein und Gästen aus Polen sehr würdevoll zu begehen.
In gewissen Zeitabständen werden Konzerte organisiert.
Diese Veranstaltungen sind stets gut besucht und sie sind für viele Einwohner ein echtes Bedürfnis.
Dem gegenüber fällt die Teilnahme an den sonntäglichen Gottesdiensten oft bescheidener aus.
In der Kirche gibt es Taufen, Konfirmationen und ihre Vorbereitung, Trauungen und Beerdigungsfeiern seit 1752, denn so alt ist unsere Kirche.

Tafel der im 1. Weltkrieg gefallenen Altranfter Tafel der im 2. Weltkrieg gefallenen Altranfter

Das soziale Engagement ist eher spärlich. Monatlich findet ein Rentnertreff, der Seniorenkreis, statt.
Schon immer hatte unsere Kirche eine Reihe ehrenamtlicher Helfer. Neben dem Kirchenrat sind besonders Heidemarie und Helmut Krebs zu nennen. Überhaupt hat Helmut Krebs großen persönlichen Anteil an den in der Chronik beschriebenen Maßnahmen zum Erhalt und Verbesserung der Kirche und ihres Umfeldes bis hin zum Friedhof. Er entwickelte Ideen und setzte sich leidenschaftlich für ihre Verwirklichung ein.
Frau Werner ist seit 2013 für den Friedhof zuständig. Klaus Waldteich pflegt seit Jahren einige Gräber. Beide unterstützen die Hinterbliebenen bei der Grabpflege. Nicht zuletzt ist dank ihrer Hilfe unser Friedhof in einem so guten Pflegezustand.
In der gegenwärtigen Zeit überwiegen die sogenannten weltlichen Beisetzungen von Verstorbenen. Es gab 2013 zwei kirchliche Bestattungen mit jeweils weit über 100 Trauergästen. Die Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Ein fast endlos erscheinender Trauerzug von der Kirche zum Friedhof war zu sehen. Beigesetzt wurden die in Altranft aufgewachsenen Männer Heiko Krebs, verstorben am 04.03.2013, und Fritz Otto, gestorben am 10.10.2013.
Die Kirche als Institution stand oft zwischen den jeweils vorhandenen gesellschaftlichen Verhältnissen. Nicht immer hat sie sich rückhaltlos für die Schwachen und Bedürftigen eingesetzt; dennoch war sie für Viele Tröster, Unterstützer, Helfer, Vermittler. Die Kirche war stets ein Hort der Ruhe und Andacht.
Die Menschen in unserer Gemeinde hatten nach dem Krieg viele ernste Sorgen. Es ging in erster Linie um familiäre Belange, die Verbesserung der Lebensbedingungen, der Pflege der Kinder, der Alten, um nur einige vorrangige Dinge aufzuzählen. Eine kirchliche Betreuung und Begleitung war eigentlich stets gegeben.
Anfang 1950 bildete sich die Junge Gemeinde. Ca. 15 junge Leute waren damals Mitglied. Sie war vom Staat als eine illegale Organisation eingestuft. Es gab gegen sie staatliche Sanktionen. Die Junge Gemeinde war zu diesem Zeitpunkt die einzige unabhängige Jugendbewegung. 1952 stellte der Staat seine Maßnahmen gegen die JungeGemeinde ein.
1956 gab es verstärkt Jugendweihen. Die Jugendweihen bildeten eine Art Alternative zur Konfirmation. Beide Formen haben sich auch bei uns erhalten.
Eine Bibelschule mit erheblicher Teilnahme von ca. 40 Schülern traf sich regelmäßig in der KIrche. Etwa zu dieser Zeit war auch der religiöse Unterricht in der Schule wieder möglich. Die kirchliche Arbeit hatte besonders in der DDR-Zeit viel Kraft gekostet.

Unsere Kirche ist zuständig für die Orte Alt- und Neu-Gaul, Rathsdorf und Sonnenburg. Die Kirchgemeinde hat etwa 270 Mitglieder.
Ich finde, die jetzt gefundene Gemeinsamkeit zwischen unserer Kirche und den Initiativen des Altranfter Traditionsvereins eine gelungene Lösung. Besonders ist das gemeinsame Erntedankfest unter der Leitung des FLM, seines Fördervereins, des ATV, der Gemeinde und den polnischen Nachbargemeinden zu nennen.
Die angebrachten Gedenktafeln in der Kirche sind ein Zeichen der Achtung der ums Leben gekommenen Soldaten, aber auch gegenüber ihrer Frauen, ihrer Kinder und ihrer Eltern.
Auf Tafel 1 sind 28 gefallene Soldaten des Dorfes aus dem I. Weltkrieg verzeichnet. Tafel 2 verzeichnet 80 gefallene Soldaten der Gemeinde im II. Weltkrieg.
Mit der Neugestaltung der Kriegsgräberstätte auf unserem Friedhof ist eine würdige Gedenkstätte geschaffen worden.
Die jährlich zum Volkstrauertag stattfindende Gedenkveranstaltung ist eine weitere, nun schon traditionelle Achtung für die in den Kriegen und Gewaltherrschaft ums Leben gekommenen Einwohner unseres Dorfes und darüber hinaus.
Ich habe mir vorgenommen, darzulegen, wer von den gefallenen Soldaten des II. Weltkrieges verheiratet war, eine Frau und Kinder hatte, zu Witwe und Waisen wurden, und wie viele Eltern ihren Sohn verloren haben.
Ein trauriges Ergebnis.
Von den hier aufgezählten gefallenen Soldaten aus unserem Dorf waren 37 verheiratet und hinterließen 56 Kinder. 23 Eltern haben ihren Sohn, in einigen Fällen 2 Söhne verloren. Von 20 Gefallenen haben wir leider keine weiteren Informationen.
Hier noch einmal die ganze Schrecklichkeit des Krieges deutlich:
Schrecklich waren die Todesnachrichten.
Die Todesanzeigen erfolgten auch im Völkischen Beobachter (im 3. Reich die überregionale Zeitung)
"Gefallen für Führer, Volk und Vaterland"
Das galt auch für die lakonische Mitteilung "im Osten vermisst".
Vor allem hatten die zurückgelassenen Mütter die Lasten zu tragen. Es gab kein Grab, keine Stelle der Trauer. Es gab für fast alle diese Frauen und Mütter keine Zukunft. Sie blieben ohne Mann, die Kinder ohne Vater.
Ein schwieriges Kapitel der Nachkriegszeit sind die Maßnahmen der Siegermächte. Die Siegermähte hatten beschlossen, intensiv nach Nazigrößen und an den Verbrechen der Nazis beteiligten Personen zu suchen, sie zu inhaftieren und zu bestrafen. Es wurden in ganz Deutschland Straflager, Internierungslager und Speziallager eingerichtet. In der Mark Brandenburg gab es solche Internierungslager. Sie existierten ab Mai 1945 bis 1947. In ganz Deutschland war die formelle Schließung dieser Lagerarten 1948 verkündet. Aus unserer Gemeinde wurden einige Männer im Mai und Juni 1945 abgeholt und in Internierungslagern festgehalten. Ihre Festsetzung erfolgte ohne Anklage ohne juristische Überprüfung.
Hier die Männer, die mir aus dem Gedächtnis und auf Nachfragen bei anderen Mitbürgern bekannt sind:

  • Herr Bochoschinski: soll Soldat der Wlassow-Armee gewesen sein?
  • Herr Grübler: war Feldausseher beim Gutsherrn
  • Herr Fechner gest.: war Feldaufseher beim Gutsherrn
  • Herr Kalle: war Kaufmann und Bürgermeister vor 1945
  • Herr Malzer gest.: soll Hofmeister auf dem Gutshof gewesen sein?
  • Herr Petzholz gest.: war Bauer und Ortsbauernführer
  • Herr Wolfram: war Schäfermeister beim Gutsherrn
  • Herr Limber gest.: war Bauer und auch mal Bürgermeister vor 1945
  • Herr Freimuth: war selbständiger Schmied
  • Herr Nimsch gest.: war Förster beim Gutsherrn
  • Herr Klemann: war Bauer
5 der inhaftierten Männer sind in der Lagerhaft gestorben.
Der bereits 1945 als Bürgermeister eingesetzte Fritz Habedank konnte die festgesetzten Männer Klemann, Freimuth und Kalle befreien. Der Einsatz des Bürgermeisters zu dieser so willkürlichen und gesetzlosen Zeit war selbstlos und ist als sehr mutig zu betrachten.
Fritz Habedank wurde noch dreimal Bürgermeister in der Gemeinde. Er wurde 84 Jahre alt und starb 1999.
Festzuhalten ist, dass keiner der Inhaftierten eine besondere Funktion im 3. Reich hatte. Es ist anzunehmen, dass diese genannten Männer wegen ihrer Tätigkeit abgeholt, verhört, inhaftiert, leiden und sterben mussten.
Egal, wie es der einzelne Leser sieht, Unrecht war es allemal.
Nach den heute vorliegenden Unterlagen über diese Lager ist jeder dritte Inhaftierte zu Tode gekommen.
Seit 1989 sind die Massengräber der einzelnen Lager gekennzeichnet und als Ruhestätten gestaltet. Für die Gestorbenen sind Gedenktafeln mit Namen, Geburts- und Sterbedatum angebracht. Grabmale haben eine mahnende und versöhnende Bedeutung. Sie sind auch Erinnerungsstätten und halten das Bewusstsein wach, Achtung vor den Menschen zu haben. Das Foto zeigt eine solche Gedenktafel für Herrn Fechner. Das Foto gab mir Gerold Forke.
 
Gedenktafel
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